„Moses in Ägypten“, die Oper von Gioachino Rossini bei den Bregenzer Festspielen, war für mich eine bewegende, herausfordernde Aufführung. Eine Botschaft daraus ist mir besonders eindrücklich in Erinnerung geblieben.
Der Pharao hatte bereits zugestimmt, das Volk Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten freizulassen. Doch der Sohn des Pharaos, der sich in eine junge Israelitin verliebt hatte, wollte das mit allen Mitteln verhindern. Mit Mambre, dem Vertrauten des Pharaos, und seinem Verbündeten überlegte er, wie man den Pharao und das Volk umstimmen könnte, damit die Israeliten doch bleiben. „Zwietracht säen“ hieß Mambres Lösung. So ist es ihnen gelungen, den Pharao umzustimmen und die Israeliten nicht ziehen zu lassen. Das wiederum brachte große Zerstörung und Unheil über die Ägypter.
Ein Blick in die heutige Welt bestätigt dieses „Rezept“: Wer Zwietracht sät, wird Vernichtung und Zerstörung ernten. Diese alte Weisheit gilt für die Beziehungen auf vielen Ebenen – im Kleinen wie im Großen, im persönlichen Bereich ebenso wie in Gesellschaft und Politik, in der Gemeinde und in der Welt. Auch in einem bevorstehenden Wahlkampf.
Die Wahl der Worte, Gesten, Bilder, des Tones bestimmen das Klima in einer Gemeinschaft. Dem anderen mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen und Kränkungen zu vermeiden ist entscheidend im Umgang mit Menschen. Nur so kann Friede im Kleinen, im gesellschaftlichen Bereich, und auch in der Welt erhalten bleiben.
Papst Paul VI. hat in seiner Enzyklika „Ecclesiam suam“ Haltungen des Dialogs entworfen, die für das Gespräch und für die notwendigen sachlichen Auseinandersetzungen der Menschen Grundlagen sind, die einen konstruktiven und respektvollen Weg in die Zukunft ermöglichen.
Der Dialog ist Ausdruck der Beziehung Gottes zu uns. Er erfordert „ein hörendes Herz“, so wie es sich König Salomo in der Lesung dieses Sonntags von Gott erbittet.
Dialog ist von selbstloser Liebe geleitet, ist nicht von Leistungen und Verdiensten abhängig, sondern kommt aus Liebe. Dialog soll keine Grenzen, keine Berechnung kennen.
Dialog achtet die Freiheit des Anderen, zwingt niemanden und geht auch das Risiko der Ablehnung ein. Dialog kennt keine Ausgrenzung.
Dialog ist ein Prozess und soll jeden Tag neu beginnen. Es gibt Höhen und Tiefen, Freude und Enttäuschung. Der Dialog braucht Geduld, Entwicklungen abzuwarten. Und doch soll er nicht auf morgen verschoben werden.
Ich wünsche uns persönlich und auch unseren Politikerinnen und Politikern im bevorstehenden Wahlkampf, dass wir immer wieder diesen Geist des Dialogs suchen. Er ist Grundlage eines guten Miteinanders, das wir uns alle wünschen.
Bischof Benno Elbs