Einen runden Geburtstag feiert die Diözese Feldkirch in diesem Jahr, ihren Fünfziger. Das „Fest am See“ am Samstag in und um das Festspielhaus in Bregenz war ein Höhepunkt für alle.
Vor genau 200 Jahren wurde Vorarlberg erstmals in der Geschichte zu einem einheitlichen Kirchengebiet zusammengefasst, mit einem eigenen (Weih-)Bischof, und vorerst dem Tiroler Bistum Brixen zugeordnet. Das war der erste Schritt für Vorarlbergs Eigenständigkeit als Kirchengebiet. Hundert Jahre später, quasi in der „Halbzeit“ wurden wir mit dem Ende der Habsburgermonarchie von Brixen abgeschnitten. Es dauerte noch einmal 50 Jahre, bis die schon 1818 in Aussicht gestellte Errichtung einer Diözese für Vorarlberg Wirklichkeit werden sollte.
1968, das war eine Zeit des Aufbruchs. Das Zweite Vatikanische Konzil war gerade zu Ende gegangen. Die Fenster öffnen und frischen Wind hereinlassen, so lautete die Devise. Intensiv geht die Kirche auf Tuchfühlung mit der Welt und geht daran, der Frohen Botschaft ein neues, zeitgemäßes Kleid zu verleihen.
Der Bodensee ist bei Seglern dafür bekannt und berüchtigt, dass manchmal überraschend schnell ein Sturm losbrechen kann. Da kann es ganz ordentlich drunter und drüber gehen. Recht stürmisch geht es manchmal auch im Boot der Kirche zu. Wie also sieht die Zukunft der Kirche aus? Der Sturm steht in der Bibel nicht nur für Bedrängnisse und Gefahren, er ist auch das Zeichen schlechthin für den Geist Gottes, der weht, wo er will. Sturm, das ist auch Chance und Aufbruch. Weit schlimmer als ein Sturm ist eine Flaute, wenn gar kein Lüftchen geht, sich nichts bewegt. Entscheidend im Sturm ist es, die Segel richtig zu setzen. Segler wissen es zu nützen: Mit Gegenwind kann man ganz gut vorankommen!
Wir brauchen die Stürme des Lebens nicht zu fürchten. Der erste, alles entscheidende Schritt für jeden Aufbruch heißt: „Leinen los!“ In diese Richtung passiert gerade in diesem Jubiläumsjahr sehr viel an neuen, originellen, bewegenden Initiativen. Ganz bewusst stand am Beginn des Jubiläums ein Festmahl mit denen, die sonst wenig zu feiern haben. Das Gespräch mit allen bei der Initiative „Wortwechsel“ oder bei der Wanderausstellung „ZeitRaffer“ mit der provokanten Frage: „Was glaubst denn du?!“. Auch beim Fest am See ist viel von dieser Lebendigkeit zu spüren: die vielfältigen Aktionen, die Glücksbüx zugunsten von Kindern in Vorarlberg, die Aktion „we like to move it“ für ein Sozialprojekt in Kenia, Gottesdienste und Raum der Stille, der Inigüxla-Markt, das Essen und Trinken und Feiern…
Erfahrene Segler scheuen keinen Sturm. Sie sagen: Leinen los! Wenn wir die Leinen losmachen, dann wird uns der Weg entgegen kommen. Und mit Jesus im Boot dürfen wir gewiss sein, unser Boot kann nicht untergehen. Kardinal Henri de Lubac hat einmal geschrieben: „Nur die Feinde der Kirche wollen, dass sie bleibt, wie sie ist.“ Die Freunde der Kirche hingegen wollen, dass sie sich verheißungsvoll wandelt. Veränderung ist angesagt. Nur so kann Glaube lebendig und ansteckend bleiben.
Ja, legen wir die Leinen los! Gehen wir voller Freude voran in eine Zukunft, die sich an der Verfassung der Kirche, an der Bergpredigt Jesu ausrichtet. Da werden die als glücklich gepriesen, die arm sind, die trauern, die sanftmütig sind, die nach Gerechtigkeit hungern, die Frieden stiften. Das ist das Bild einer Kirche mit Zukunft.
Bischof Benno Elbs