Der Sommer ist auch eine Zeit des Unterwegsseins. Viele brechen in diesen Tagen auf in den langersehnten Urlaub und freuen sich auf eine Zeit der Erholung und des Aufatmens. Eine besondere Form des Unterwegsseins ist das Pilgern. Die großen Wallfahrtsorte wie Santiago de Compostela, Lourdes oder Mariazell ziehen längst nicht nur gläubige Menschen an. Pilgern ist eine Form der Religiosität, die im Trend zu liegen scheint. Viele suchen Hoffnung und Hilfe, manche auch einfach nur Abwechslung oder ein Abenteuer. Die große Mehrheit aber, die sich zu diesen heiligen Orten aufmacht, ist im Vertrauen auf Gott unterwegs. Im Rahmen unserer Aktion „Sommerkirche“ steht auch in diesem Jahr das Thema Pilgern hoch im Kurs. Ich lade Sie ein, einen Blick auf die Homepage der Katholischen Kirche Vorarlberg zu werfen. Dort finden Sie verschiedene Hinweise zu Wallfahrten, Bergmessen, Besinnungs- und Wandertagen und vieles mehr.
Pilgern bringt etwas in Bewegung – nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich: den eigenen Weg suchen und finden, ausgetretene Pfade verlassen, der eigenen Sehnsucht folgen, Loslassen und Aufbrechen. Wallfahren ist Beten mit den Füßen, so sagt man. Es gibt viele gute Gründe dafür. Denn mitunter kann der Rucksack, den man zur Wallfahrt mitnimmt, nicht nur mit Wanderutensilien gefüllt sein, sondern auch mit Dingen, die man im wahrsten Sinn des Wortes mit sich herumschleppt: die Sorge um das Wohlergehen der Kinder, das Zittern um den Arbeitsplatz, finanzielle Belastungen, die Bitte um eine gute Zukunft oder die Hoffnung auf Heilung einer Krankheit. Indem man sich auf den Weg macht, vollzieht sich auch ein Perspektivenwechsel, der den Blick weitet und die Sicht neu freilegt für Hoffnung und Zuversicht. Gerade dieser Prozess der persönlichen und spirituellen Erneuerung, besonders aber die Erfahrung, dass Gott mit mir auf dem Weg des Lebens unterwegs ist, macht das Pilgern zu einem so kraftvollen Erlebnis.
Das Gehen und Unterwegssein ist auch ein Bild für unser Leben: Es geht auf und ab. Manchmal müssen wir den Weg erst suchen oder nehmen einen Umweg auf uns. Gelegentlich sind wir alleine unterwegs, dann wieder gemeinsam mit anderen. Viele Menschen machen sich auch deshalb zu einer Wallfahrt auf, weil sie durch das betende Unterwegssein eine wichtige Lebensfrage für sich klären wollen. Das Pilgern kann ein Anker sein für die Sehnsucht unseres Herzens. Ob in Beziehungen, im Beruf oder in Krisenmomenten – entscheidend ist immer, wo ich mein Herz verankert habe. Denn: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ (Matthäus 6,21)
Ganz herzlich möchte ich Sie in diesem Sommer zum Pilgern einladen: Sei es zu einer der unzähligen Kapellen, zu einer Bergmesse oder zu unseren wunderschönen Wallfahrtskirchen wie Bildstein, Tschagguns oder Rankweil. Heilige Orte sind Kraftorte. Oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass, wenn ich sie besuche, Sorgen kleiner werden und Gelassenheit, Gottvertrauen und Zuversicht wachsen. Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen von Herzen. Einen guten sowie erholsamen Sommer!
Bischof Benno Elbs